Hiroshima - Wie Truman lernte, die Bombe zu lieben

Ein Film von Elke Jeanrond
D 1995, 75 Minuten
Dokumentarfilm, Betacam
Mit Charles Brauer, Horst Sachtleben, Rolf Illig, Alexander Kerst, u.a.
Regie: Elke Jeanrond
Kamera: Hans Albrecht Lusznat
Ton: Zoltan Ravasz
Schnittdramaturgie: Monika Abspacher
Kostüme, Requisite: Jessica Vogler
Make: Britta Kraft
Licht: Karl Schlagenhaufer, Stefan Sendsitzky
Redaktion: Klaus Liebe, Johannis Unger, WDR
Produktion:  MGS Film
Erstsendung am Sonntag, 06.08.1995 um 23.00 ARD


Auch nach mehr als 50 Jahren hält sich die offizielle, amerikanische Version, dass der Atombombenabwurf vom 6. August 1945 geholfen hat, das Leben von hunderttausenden von Menschen zu retten. Die unbequemere Frage ist die nach den Opfern, warum die Bombe für die US-Politik notwendig wurde und wie der Hiroshima-Befehl zustande kam. Wer hat Truman bedrängt, die Diplomaten, die Militärs, seine Berater? Welchen Zusammenhang gibt es mit der Konferenz von Potsdam, dem einsetzenden 'Kalten Krieg', den Drohgebärden und Ansprüchen aus Ost und West? Werden die Japaner zu einem Spielball globaler Spannungen? In Dokumenten und einer rekonstruierten Spielhandlung wird deutlich, wie Truman lernte, die Bombe zu lieben.


"Vor allem gilt es, einen Mythos zu demontieren. Harry S. Truman, der im April 1945 das Präsidentenamt als Vize vom verstorbenen Roosevelt übernommen hatte, befahl nicht nur als erste größere Amtshandlung den Abwurf zweier Atombomben über Japan. Dies allein hat niemals wirklich an seinem Heldenbild gekratzt, das ihm sogar ein Museum in seiner Heimatstadt Independence eingebracht hat; vielmehr wird er immer noch als Sieger des Krieges, als Gründer der Nato und Wiedererbauer Europas gefeiert.
Aber jetzt wird das Ausmaß des Despotismus deutlich, mit der sich Truman bei seiner Hiroshima-Entscheidung über Parlament und Militärführung hinwegsetzte, und vor allem, daß er, der unerfahrene Emporkömmling von Gnaden der Mafia, praktisch eine Marionette seines politischen Ziehvaters und späteren Außenministers James F. Byrnes war. Dessen Aufzeichnungen und die des Kriegsministers Henry L. Stimpson wurden vor kurzem endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ebenso wie die andereren Protokollanten im Sommer 1945...
Die Dokumentation zeichnet zunächst die zwielichtige Biographie Trumans nach, um schließlich mittels Bilddokumente, Äußerungen von Zeitzeugen sowie Spielszenen minutiös die letzten Tage vor dem Abwurf auszubreiten... Der zähe Mythos, die Bombe habe Tausenden amerikanischer GIs das Leben gerettet, ist ohnehin nicht zu halten. Der Krieg war, das steht längst fest, für Japan schon verloren. Vielmehr mußten Hunderttausende Japaner ihr Leben lassen, weil ein alter Haudegen und seine Handlanger den Sowjets ihre Überlegenheit demonstrieren wollten...
Der Film bringt nicht nur die neu entdeckten Fakten in einem plausiblen Kontext, er erlaubt auch einen Blick in das Seelenleben der Politiker: die zutiefst irrationalen Beweggründe, die selbst hinter derart weitreichenden Entscheidungen stehen, und den Einfallsreichtum, mit dem hinterher nach rationalen Rechtfertigungen gesucht wird."
- Die Tageszeitung