Seeking the Lost Ones
Ein Film von Michael Teutsch
D 2022, 90 Minuten
Dokumentarfilm, HD
Regie: Michael Teutsch
Kamera: Hans Albrecht Lusznat, Michael Teutsch
Ton: Danny Gatton
Schnittdramaturgie: Ingo Guski, Uli Schön
Musik: Skoschne, Sherele, The Happy Nigun, Kandeis Nora
Produktion: Filmglas München
Erstaufführung: Am 18. Mai 2022, um 18.30 im Monopol München
Diverse Festivals
Mein Vater Rudolf Teutsch war frühes Mitglied der NSDAP, später Soldat und bei der
Waffen SS. Nachdem er nie mit mir über diese Vergangenheit reden wollte, gab mir seine zweite Frau vor über 40 Jahren Auskunft über sein Leben.
Dieses Gespräch stellte ich 2021 mit einer Schauspielerin in einer Lesung nach und konfrontiere es mit den Aussagen von sechs Jüdinnen und Juden aus Frankreich, Deutschland, Israel zu ihren Lebensgeschichten, die sie mir anvertrauten.
Ihre Schilderungen sind eingebunden in den historischen Kontext vom Auswandern nach Palästina, Kindertransporten nach England, den Nürnberger Rassengesetzen, Verfolgung und Deportation, bis hin zur Gründung Israels 1948.
Der Film zeigt auch, wie unterschiedlich ihre Begegnungen mit der Nachkriegswelt in Deutschland waren, und wie sich das Leben in Israel für sie heute darstellt.
So berühren die abschließenden Worte des 94jährigen Alex Fried, von der seit Jahrhunderten währenden Verbundenheit der Juden mit europäischer Kultur, seinem Gefühl, sich als Weltbürger zu sehen, seinem Wunsch, an einer besseren Welt mitzuwirken.
Meine Geschichte beginnt vor 38 Jahren. Ich war im Raum Nordrhein-Westfahlen unterwegs, um für ein Dokumentarfilm Projekt zu recherchieren. In Dortmund lebte mein Vater Rudolf Teutsch mit seiner zweiten Frau Irma. Meinen Vater hatte ich in meinem Leben nur wenige Male gesehen und über seine Vergangenheit nur spärliche Informationen von meiner Mutter erhalten. Von frühester Jugend an hörte ich meine Mutter nur Negatives über ihren Ex-Mann berichten. Gut, Teutsch war während des II. Weltkriegs dekorierter Waffen-SS-Mann gewesen, und das missfiel mir, denn diese Info vertrug sich nicht mit meiner politischen Einstellung. Dennoch wollte ich meinen Vater kennenlernen, um mir selber einen Eindruck zu verschaffen. Vielleicht wäre es ja möglich, Rudolf Teutsch in einen Dokumentarfilm einzubinden, den ich über den Überlebenden und authentischen Protagonisten Georg Heisler, aus Anna Seghers' Das siebte Kreuz, drehen wollte. Rudolf Teutsch lehnte mein Ansinnen brüsk, beinahe panisch ab, es würde heute alles falsch dargestellt und er wolle sich seine Erinnerung nicht zerstören lassen. Ich selbst habe keine Schuldgefühle wegen meines Vaters SS Zugehörigkeit, sondern meine Verantwortung liegt darin, beizutragen, dass dieses Deutschland ein demokratisches, weltoffenes Land bleibt, um Faschismus und Antisemitismus in jedweder Form zu verhindern. Soweit ich das vermöge. Darum mache ich Filme. Seine Frau Irma führte mich vor 38 Jahren auf den Dortmunder Fernsehturm und wir hatten intensive Gespräche, in denen sie mir vieles von dem, was ich meinen Vater hatte fragen wollen, beantwortete. Das Gespräch nahm ich mit einem Cassetten-Recorder auf, die digitale Revolution lag noch in weiter Ferne. Der Recorder samt Kassette ging in den nächsten 38 Jahren verloren, welch’ Glück, dass ich den Inhalt damals noch transkribierte. Das Gespräch mit Irma Teutsch stellte ich kürzlich gemeinsam mit der Schauspielerin Ilona Grandke nach, und zwar als Lesung im Restaurant auf dem Münchner Olympiaturm. Diese Lesung wird im Film „Auf der Suche nach den Verlorenen“ meine Gespräche mit sechs jüdischen Protagnisten unterschneiden. (Michael Teutsch)