Der Kabarettist Georg Ringsgwandl
Kasperl oder Genie?
Ein Film von Ute Casper
D 2008, 43 Minuten
Dokumentarfilm Digibeta
Kamera: Hans Albrecht Lusznat
Ton: Gregor Kuschl
Produktion: Casper Film
Erstsendung am Sonntag, 26. Oktober 2008 18.15 Uhr BRIII
Wiederholung am Montag, 27. Oktober 2008 10.45 Uhr BRIII
Wiederholung am Samstag, 01. November 2008 06.45 Uhr BRIII
Georg Ringsgwandl ist ein Multitalent. Der Entertainer mit den schrillen Outfits bereichert seit Jahrzehnten die deutsche Bühnenlandschaft. Als schlagfertiger Kabarettist, begeisterter Musiker, erfolgreicher Theaterautor und Songschreiber. Damit nicht genug: Die auf der Bühne stets grell geschminkte Kultfigur aus Bayern hat einen beruflichen Background, der noch eine Facette hinzufügt: Erst mit 45 Jahren machte der Familienvater seine künstlerische Obsession zum Beruf. Zuvor war er Oberarzt, arbeitete als Kardiologe auf der Intensivstation des Kreiskrankenhauses Garmisch-Patenkirchen.
"Ich war absolut manisch gewesen", beschreibt er die Jahre, in denen er Medizin und Musik vereinbart hat. "Das Maß an Krankheit, das in einem sitzen muss, der auf die Bühne geht, ist vielleicht nur noch zu übertreffen von jemand, der in die Politik geht: Geltungsbedürfnis, Ruhmsucht." Wenige Künstler gehen so ehrlich mit sich um.
Wenige kennen so unterschiedliche Welten wie er: Dr. Georg Ringsgwandl, in Bad Reichenhall aufgewachsen, kommt aus einer sozialen Schicht, die er selbst als "unteres Proletariat" bezeichnet. Sein Vater, kriegsverletzt, arbeitete als Postbote. "In unserer gesamten Verwandtschaft gab es keinen, der mehr als die Volksschule besucht hatte." Prügel waren normal. Als Jugendlicher wusste er: Aus dem Sumpf heraus führt nur das Gymnasium. "Der Schorschi" startete als Achtjähriger seine Musikkarriere, spielte Zither für ein Kaffeekränzchen. "Fünf Mark, Limo und Bockwurst - da dachte ich mir: Das ist doch eine Perspektive!"
Mit dem Medizinstudium begann er 1968. "Da erzählten mir die höheren Töchter, dass das Proletariat ins Arbeiter- und Bauernparadies will. Aber ich wusste: Das Proletariat will ins Möbelparadies und sonst nirgendwo hin!" Für schlichte Ideologie war Ringsgwandl auch auf der Bühne nie zu haben.
Er trat im Müllsack auf, in Damenstrumpfhosen, in zerfetzten bayerischen Trachten. Die Kleinkunstszene war ihm zu bieder. Ringsgwandl brachte den Punk auf die Bühne: "Ich habe mich bemüht, eine möglichst grelle Erscheinung zu geben", sagt er. Neben hintergründigem Witz und pointenreichem Klamauk kennt er auch die leisen Töne: in poetischen, skurrilen Songs, die dann doch eine Botschaft haben - aufmerksam zu sein, die anderen zu sehen, sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen - "Hühnerarsch, sei wachsam!"
Im Porträt "Kasperl oder Genie" - so der Titel eines Songs - erzählt der selbstkritische Künstler offen und unkommentiert aus seinem Leben. Die Dokumentation begleitet ihn zu wichtigen Stationen seiner Kindheit, zu seinem ehemaligen Krankenhaus, beobachtet ihn Backstage vor Auftritten und zeigt seltene Archivaufnahmen. (Pressetext BR)