Neuerungen bei den Technischen Richtlinien

18. September 2011

Sony 4K Kamera F65

 

Nach einem Jahr sind die Technischen Richtlinien zur Herstellung von Fernsehproduktionen für ARD, ZDF und ORF im Oktober 2010 überarbeitet worden und liegen jetzt beim IRT in der vorläufigen 3. Fassung vor.

Diese ist von 25 auf 42 Seiten angewachsen und hier die wichtigsten Änderungen beziehungsweise Ergänzungen in Kürze:

  

-          Definition der Tonspurbelegung für den Programmaustausch

-          betriebliche Nutzung von Dolby Metadaten Presets

-          Umstieg zur Lautheitsaussteuerung

-          Umstieg zur Zwei-Streifigkeit für die Produktion, Anlieferung und Zuführung von Untertiteln

 

Die wichtigste Änderung wird nicht explizit erwähnt sondern schleicht sich in den schon bisher vorhandenen Abschnitten ein:

Die Präferenz für das 720p/50 HD Raster im Sendebetrieb hat man aufgegeben. Jetzt sind Abtastformate von 1080i/25 1080p/25 und 720p/50 vorgesehen und bei der Anlieferung nimmt nur noch das ZDF das 720p/50 Format. Die ARD Anstalten arbeiten bei Zulieferung nur noch mit dem 1080 Raster.

Grundsätzlich sind vier Systeme vorgesehen, wobei in der folgenden Schreibweise die vertikale Pixelzahl mit der Abtastart genannt wird und dann die Anzahl der Bilder pro Sekunde:

1.       720p/50

2.       1080i/25  oder 1080psf/25 transportiert in 1080i/25

3.       1080p/25

4.       1080p/50

 

1080i/25 sind 25 Bilder pro Sekunde, wobei jedes Bild mit dem Interlaceverfahren in zwei zeitlich versetzte Halbbilder zerlegt wird und mit 50 Halbbildern in der Sekunde transportiert wird. Zwei Halbbilder ergeben ein Vollbild mit zeitlichem Versatz zwischen den geraden und ungeraden Zeilen Zahlen.

1080psf/25 sind 25 progressiv generierte Bilder jeweils zerlegt in zwei Halbbilder ohne zeitlichen Versatz die mit 50 Halbbildern/Sekunde transportiert werden. Zwei Halbbilder ergeben ein progressives Vollbild.

Im Punkt 4. ist schon ein zukünftiger Standard mit 1080 Zeilen und 50 progressiven Bildern pro Sekunde vorgesehen.

Grundsätzlich ist 1080i/25 der Standard für Anlieferungen allgemeiner Art. Bei szenischen Produktionen ist es 1080p/25. Das ZDF hält auch weiterhin an 720p/50 fest.

Bei den Kompressionsformaten hatte man sich auf vier verschiedene geeinigt:

1.  D16 (HDCAM SR);

2.  MPEG-2   4:2:2  long GOP 50Mbit/s (XDCAM HD422);

3.  AVCI, 4:2:2 I-Frame, 112Mbit/s (SMPTE RP2027),

4. DNxHD 4:2:2 I-Frame, 175/185Mbit/s 10/8Bit (SMPTE2019-1)

Zusätzlich kommt jetzt der Apple ProRes Codec hinzu, der auch in der ARRI Alexa verwendet wird:

5. ProRes 4:2:2 I-Frame 184Mbit/s 10 Bit (Final Cut Pro)

Als Datenträger können bei der ARD Professional Disks XDCAM-HD 422 oder P2 Karten AVC-I 100 angeliefert werden, die Disks nur mit 1080i/25. Sie sollen bei fertigen Programmen mit je 10 Sekunden Vor- und Nachlauf versehen sein. Das ZDF wünscht als Anliefermaterial P2 Karte mit AVC-100 in 720p/50 oder 1080p/25 und 1080i/25, und keinen Vorspann.

Wie auf den Disks die einzelnen Clips zu benennen sind und wie mit den Metadaten verfahren wird, das ist noch in der Diskussion.

 

Für den 16mm Film ergeben sich weitere Einschneidungen. Hat man noch vor einem Jahr die Verwendung von Filmemulsionen bis ISO 250 empfohlen, so  fordern die Richtlinien jetzt nur mehr Filmempfindlichkeiten bis ISO 100 zu benutzen. Das Filmkorn als Zufallsstruktur überfordert die Reduktionstechnik der digitalen Verarbeitungskette.  Filmkorn wird mit Rauschen gleichgesetzt, obwohl die permanent wechselnde Kornstruktur neben ihrem ästhetischen Reiz auch für eine höhere Auflösung in der Zeitabfolge sorgt. Die  ungenügende Digitaltechnik soll jetzt das Ende des photochemischen Films bewirken und jeder der auf Film dreht, soll sich überlegen, ob er nicht lieber auf RED oder Alexa wechselt. Alternativ kann man Kornreduktion anwenden und es wird das ARRI Relativity Verfahren empfohlen. Bei elektronischer Bildgenerierung soll auf alle Fälle auf ein künstliches Hinzufügen von Korn verzichtet werden.

Ein neues Kapitel in den Richtlinien widmet sich der Dekoration, dem Kostüm und der Maske.  Über Unzulänglichkeiten hilft der Spruch: „Das versendet sich“, nicht mehr hinweg. Schlechte Kulisse wird jetzt genau so erbarmungslos sichtbar wie nachlässig geschminkte Darsteller oder abstehende einzelne Haare. Für alle drei Gewerke gilt ab sofort für die HD Produktion gleiches Niveau wie beim 35mm Film.

Die EBU hat sich im August dieses Jahres darauf geeinigt, die Tonpegelmessung auf Lautheits-Messung umzustellen. Dadurch will man auch den neuen technischen Möglichkeiten genügen, die es erlauben, die Lautheit eines Programmes von dessen Inhalt abhängig zu machen. In die Richtlinien ist jetzt die Lautheits-Messung integriert, soweit sie schon verabschiedet ist.

Auch die Ton-Spurbelegung wurde für den Programmaustausch definiert und für Formate mit vier und acht Tonkanälen festgelegt.

Die Neufassung der Richtlinien behält auch weiterhin ihren vorläufigen Charakter, denn es gibt immer noch Punkte in denen eine endgültige Festlegung aussteht.

 

Richtlinien für die digitale Filmproduktion

Inzwischen hat der Verband Technischer Betriebe für Film&Fernsehen und die Deutsche Filmversicherungsgemeinschaft Guidelines für die Sicherheit digital aufgezeichneter Produktionen herausgegeben. Alle, die ihre Produktion versichern, sollten sich diese Richtlinien genau durchlesen und auch einhalten. Vielleicht macht man im Schadensfall die Erstattung davon abhängig. Ein PDF kann man sich hier herunterladen.

 

 

Hans Albrecht Lusznat