Äktschen.....ab 6. Februar im Kino

02. Februar 2014

Im letzten Winter haben Wolfgang Ettlich und ich Gerhard Polt bei den Dreharbeiten zu seinem neuen Kinofilm begleitet. Wir durften dann sogar mitspielen und so bin ich einmal in einem Kinofilm als Kameramann zu sehen....

Für das Juli Heft des Film&TV Kameramanns habe ich einen Produktionsbericht geschrieben:

Auf der schneebedeckten Wiese hinter dem Haus steht Schauspieler Maxi Brückner in gelber Öljacke, mit gelben Südwester auf dem Kopf in einer niedergehenden Wasserwolke und ruft: Uuui a Regenbogen, während er mit dem Arm in die Unendlichkeit deutet. Die Gartenschlauchbrause hält der Onkel Hans A. Pospiech alias Gerhard Polt, der hier in der Provinz mit dem Filmneffen einen Werbespot für die örtliche Sparkasse dreht. Natürlich ist der Onkel mit der schauspielerischen Leistung des Neffen nicht zufrieden, vor allem mit dessen Aussprache und spricht ihm nochmals vor: Uiii ein Re-gen-bo-gen. Hochdeutsch! Weil die Sparkasse will schließlich überall a Geld verkaffa.

Es geht ums Filmemachen in diesem neuen Stück von Gerhard Polt und Frederick Baker. Weil der leidenschaftliche Amateurfilmer und Rucksachproduzent Pospiech immer klamm mit dem Geld ist und die Kredite nicht bedienen kann, erfindet der dynamische Sparkassendirektor Faltermeier (Michael Ostrowski) einen Filmpreis, den natürlich Pospiech gewinnt, um den Kredit zurück zu zahlen.  Das alles ist, wie immer bei Polt, fast wie im richtigen Leben.

24 Tage im Januar und Februar drehte das Team um Regisseur Frederick Baker im Grenzgebiet zwischen Freilassing, Salzburg und Berchtesgaden am deutsch-österreichischen Kinofilm, dem ersten von Gerhard Polt seit dem Germanikus Debakel 2001/2004. Mit dem neuen Stück hat sich Gerhard Polt viel Zeit gelassen, und die Idee ist langsam in der Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Regisseur Baker entstanden. Baker kennt Polt seit zwanzig Jahren und hat viele der Bühnenshows von Gerhard Polt und den Biermösl Blosn für die DVD Auswertung zusammengeschnitten. Kennengelernt haben sie sich bei der Arbeit für eine BBC Dokumentation, die der in England aufgewachsene Baker für den Sender gedreht hat. Es entstand eine Freundschaft und irgendwann kam dann die Idee zu einem neuen Spielfilm.

Die Rollen sind klar verteilt und Baker ist für die Regie und das Bild zuständig, Polt für Text und Spielen. Eine Realsatire soll der Film werden, bei der dokumentarisch echte Teile der Realität entnommen und neu zusammengesetzt und verdichtet werden. Die beiden stehen am Bahnhof von Freilassing, wo Pospiech mit seinem Fahrrad-Anhängergespann für die Anfangssequenz von einem Quad mit Steadicam gefilmt wird. Baker deutet auf einen Kellerabgang, der sich unter dem benachbartem Bankgebäude findet. Auf dem Schild neben dem Eingang steht BSW Foto- und Filmgruppe Freilassing. Hier hat die Realität die Fiktion eingeholt, denn auch im Drehbuch gibt es einen Filmklub, mit dessen Präsident Nagy (Nikolaus Paryla) Pospiech einen Dauerstreit austrägt. Immer wieder, sagt Baker, sind sie bei ihrer Arbeit auf solche Bestätigungen gestoßen, und das sei eine gute Grundlage für eine Realsatire. Damit der Fluglärm des nahen Salzburger Flughafens filmverträglich integriert wird, haben die Autoren die Überflieger mit eingebaut und eine Bürgerinitiative geben den Fluglärm um Pospiechs Anwesen etabliert. Alle Szenen des Films werden an Originalschauplätzen gedreht. Ausnahme ist Pospiechs Garage, das Hauptquartier der Prospiechs Production. Die Garage ist in Salzburg in einer Industriehalle aufgebaut, hat aber ein reales Vorbild. Durch ein fiktives Dachfenster fällt genügend Grundlicht in das Durcheinander von Filmbüchsen, Plakaten und technischen Relikten einer vergangenen Filmära. Hier wird gecastet, verhandelt und geprobt und weil sich bisweilen zehn Personen in dem engen Raum tummeln, ist das von außen einfallende Licht Voraussetzung, um den nötigen Freiraum für die Akteure zu schaffen.

Am Drehort hat sich sehr schnell eine routinierte Arbeitsweise eingespielt. Die Schauspieler üben mit dem Regisseur im Set ihre Szene mit Dialogen und Gängen, stimmen alles aufeinander ab, bis es gut funktioniert. Der Kameramann Wolfgang Thaler beobachtet die Probe, macht mit einem kleinen digitalen Fotoapparat Bilder aus verschiedenen Winkeln und erarbeitet für sich eine Auflösung der Szene. Gedreht wird mit der Alexa Studio als A Kamera, und um die Arbeit zu beschleunigen, was bei nur 24 Drehtagen unbedingt notwendig ist, kommt oft eine zweite Alexa mit elektronischem Sucher parallel zum Einsatz. Wolfgang Thaler hat seinen Sohn Sebastian als Assistent und Fokuspuller mitgebracht und lässt ihn die zweite Kamera schwenken, wenn mit beiden Kameras gedreht wird. Zum Kamerateam gehören noch die Assistentin Anna Christine Hawliczek, der DIT Christian Dressler, der Bühnenmann  Alexander Preisch und tageweise die Steadicamoperator  Fabian Rössler oder Markus Eckert. Gedreht wird mit 2K in ProRes 444 auf SxS Karten. Das Material wird im Digital-Lab von Arri in München verwaltet. Timecode und Klappe helfen für Synchronität von Bild und Ton. Wolfgang Thaler hat viele preisgekrönte Dokumentarfilme gedreht und die Erfahrung aus dieser Arbeit hilft bei Spielfilmen mit engem Budget.

Viele der Darsteller kennt man schon aus früheren Polt-Filmen, Gisela Schneeberger, Robert Meyer, Nikolaus Paryla. Daneben gibt es junge Kollegen wie Maximilian Brückner und  Michael Ostrowski.

Es gibt noch einen schönen Satz, den Geisela Schneeberger im Film spricht: Film ist eine Geduldskultur. Das hat Gerhard Polt schon lange verinnerlicht und wenn irgendwann am Set nichts vorwärtsgeht, dann denkt er diesen Satz. Er drängt nicht, wird nicht ungeduldig ist nie ungehalten, aber aufmerksam für jeden im Team, ganz egal, was er für eine Tätigkeit macht. Gerhard Polt ist ein Wortkünstler. Scheinbar mühelos kann er aus dem Stegreif in jeder Situation improvisieren und den Augenblick in eine Polt-Szene verwandeln. Aber was so mühelos erscheint ist eine hohe sprachliche Präzision. Er arbeitet sehr genau an seinen Texten und an den Formulierungen. Und was so leicht daherkommt ist sprachlich eine genau kalkuliere Abfolge aus Wiederholungen, Verkürzungen und Ungesagtem. Der Zuhörer lacht und versteht, aber wenn er eine Poltsche Szene wiedergeben soll, dann gelingt das kaum annäherungsweise.

Den am Set angereisten Journalisten erzählt Gerhard Polt noch eine kleine Geschichte über einen enthusiastischen Filmsammler, der im deutsch-österreichischen Grenzgebiet lebt und sein Haus bis unters Dach mit Filmen und alten technischen Ausrüstungsgegenständen vollgestellt hat und letztlich eines der realen Vorbilder für eine Facette des Hans A. Pospiech ist. In einem privaten Moment hat der Sammler Polt anvertraut: Du must dich im Leben entscheiden zwischen Film und Familie. Ich hab mich für den Film entschieden.  (Film&TV Kameramann 07/20113)

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