Ottfried Fischer und sein Freund Parkinson

22. Februar 2015

Ein Film von Andrea Schramm und Jana Matthes, Kamera H.A. Lusznat

Am Dienstag, 24. Februar 2015, um 22.15 Uhr ZDF "37°"

Im Herbst 2013 steht Ottfried Fischer zum letzten Mal als "Pfarrer Braun" vor der Kamera. Wegen seiner Parkinson-Erkrankung wird die Erfolgsserie eingestellt, genau wie ein Jahr zuvor die Kabarettsendung "Ottis Schlachthof". Doch der Schauspieler will sich von "Freund Parkinson" nicht diktieren lassen. Ohne Fernsehen kann er leben, ohne die Bühne und sein Publikum nicht. Kaum hat er sich von den Dreharbeiten erholt, geht er mit einem neuen Bühnenprogramm auf Tour. "37°" porträtiert den beliebten Schauspieler Ottfried Fischer im Umgang mit seiner Krankheit und begleitet ihn ein Jahr in ein neues Leben.

 

 

Im Herbst 2013 steht Ottfried Fischer zum letzten Mal als "Pfarrer Braun" vor der Kamera. Die langen Drehtage fallen ihm sichtlich schwer, immer wieder droht die Müdigkeit ihn zu überwältigen. Wegen seiner Parkinson-Erkrankung wird die Erfolgsserie eingestellt, genau wie ein Jahr zuvor die Kabarettsendung "Ottis Schlachthof". Als wir mit den Dreharbeiten für 37 Grad beginnen, scheint Fischers Fernsehkarriere beendet. Parkinson, diese "feige Sau", wie er die Krankheit nennt, hat ihn ausgebremst.

Doch sie hat nicht mit Ottfried Fischer gerechnet. Der Schauspieler ohne Talent zum Selbstmitleid will sich von "Freund Parkinson" nicht diktieren lassen, was er noch kann und was nicht. Stattdessen wählt er seine eigene Strategie: er ignoriert ihn. Ohne Fernsehen kann er leben, ohne die Bühne und sein Publikum nicht. Kaum hat er sich von den Dreharbeiten erholt, geht er mit einem neuen Bühnenprogramm auf Tour.
Fischer veröffentlicht seine Biografie "Das Leben ein Skandal", er hat Gastauftritte bei befreundeten Künstlern und tanzt mit seinem "Otti Dance" die Bewegungslosigkeit weg. Humor und Intelligenz sind seine Waffen gegen die Krankheit, die ihm körperlich immer mehr zusetzt.

Seit mehr als zehn Jahren weiß Fischer, dass mit seinem Körper etwas nicht stimmt, hielt die Krankheit aber lange geheim. Heute bereut er es nicht, an die Öffentlichkeit gegangen zu sein: endlich fließt nicht mehr ein Großteil seiner Energie in das Verstecken der Symptome, sondern wieder in seine Kreativität.

Kraft gibt ihm auch seine Familie im niederbayrischen Ornatsöd. Er besucht Mutter und Bruder im gemeinsamen Elternhaus und erinnert sich an seine Kindheit auf dem Bauernhof. Schon als kleiner Bub wollte er von der Stallarbeit nichts wissen, sondern parodierte lieber den Pfarrer und predigte aus dem Kuhstallfenster.

Von der Robustheit seiner bäurischen Herkunft zehrt Ottfried Fischer bis heute. Täglich steigt er in den Ring gegen die tückische Nervenkrankheit, die seine Mimik verändert und ihn immer öfter nuscheln lässt. Kann Fischer den Kampf mit seiner Willenskraft gewinnen oder wird Parkinson doch der Stärkere sein? Auf jeden Fall überrascht Fischer am Ende nicht nur sich selbst, sondern auch alle anderen.

"37 Grad" porträtiert den beliebten Schauspieler im Umgang mit seiner schweren Krankheit und begleitet ihn ein Jahr in ein neues Leben. Es ist ein ständiges Tauziehen zwischen Wünschen und Möglichkeiten. "Jetzt noch langsamer" heißt augenzwinkernd sein neues Programm, denn sein Leben jenseits der Überholspur wird ein anderes sein, aber nicht weniger spannend. 

 

Die Autorinnen Andrea Schramm und Jana Matthes über ihre Dreherfahrung mit Ottfried Fischer

Ottfried Fischer, der urige Bayer, der Bulle von Tölz und Pfarrer Braun – er kündigte  wenige Wochen vor Beginn unserer Dreharbeiten an, nie wieder in einer Serie die Hauptrolle zu spielen. Er werde sich aus dem großen Fernsehgeschäft zurückziehen, kleinere Brötchen backen, zu seinen künstlerischen Wurzeln zurückkehren.Glauben konnte das keiner bis zu jenem kühlen Herbsttag am Set von Pfarrer Braun, als die letzte Klappe fiel und sich Dutzende Komparsinnen im Nonnenkostüm eine Träne verdrückten.

Kann man sich ein Fernsehen ohne Ottfried Fischer vorstellen? Wir konnten das nicht.

Uns beeindruckt der Mut, mit dem er in der Öffentlichkeitzu seiner Krankheit steht und zu einer Identifikationsfigur für viele seiner Zuschauer wurde. Parkinson ist für ihn keine Krankheit – sondern ein „Arschgesicht“. Er beschreibt sie  in anschaulichen Bildern und tritt immer wieder in einen Dialog mit ihr.  Es war für ihn genau der richtige Zeitpunkt für ein Filmprojekt. Das Alte lag schon fast hinter ihm, das Neue entstand gerade in seinem Kopf und war noch unfertig. Er wollte zeigen: Ich verabschiede mich vom Fernsehen, aber als Künstler bin ich noch da!

Uns interessiert sein Umgang mit der Krankheit, aber noch mehr, wie er als Künstler mit den Einschränkungen umgeht und neue Ausdrucksformen findet. Klar war von Anfang an: Wir erzählen keine Geschichte, die betroffen macht, sondern die eines Künstlers, der zu neuen Ufern aufbricht.

Wir hatten intensive Drehtage mit ihm, aber oft auch welche, die nur  wenige Stunden dauerten. Fischer war – aufgrund seiner Krankheit und vor allem der Nebenwirkungen der Medikamente – manchmal zu müde für mehr und wir mussten abbrechen. Jedes neue Treffen mit ihm war unberechenbar, so wie Fischer selbst: Man weiß nie, ob am Drehtag noch etwas dazwischen kommt, eine gute Idee, die aufgeschrieben werden muss, oder die Beerdigung eines guten Freundes. Einmal drehten wir gerade ein Interview mit ihm in seiner Münchener Wohnung, als es klingelte. Es war der Nachbar seines Ferienhauses in Kanada, ein Feuerwehrmann und seine Frau. Sie wussten lange Zeit nicht, dass Ottfried in Deutschland prominent ist. Die beiden bestätigten einen Eindruck, den wir selbst auch schon gewonnen hatten: Ottfried Fischer ist ein Star, der die Bodenhaftung nie verloren hat.

Alle Kollegen, die wir im Laufe der Monate kennenlernten, schwärmten noch von Ottfried Fischer, als die Kamera längst aus war. Lizzy Aumeier, eine gute Freundin und Weggefährtin, brachte es in der Garderobe auf den Punkt: Wenn er noch so toll aussehen würde wie George Clooney, wäre er viel zu unwirklich. So sei er einfach nur ein großartiger Kollege. Genauso haben wir ihn kennengelernt – vor und hinter der Kamera.

Pressetext ZDF

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