Vom Feuer zur Waschmaschine

22. Januar 2017

2006 saß die Familie um das offene Feuer in einer Holzhütte und schauten in die wärmende Glut. Jetzt 10 Jahre später sitzen sie in Plastikstühlen in der neuen Küche und schauen auf das runde Guckfenster der Waschmaschine, und beobachten, wie sich die Wäsche dreht. Über fünf Monate im Zeitraum von 10 Jahren habe ich mit Regisseur Helmut Schulzeck eine Bauernfamilie im ländlichen Kenia beobachtet und den wirtschaftlichen Aufschwung miterlebt.

Zwei lange Dokumentarfilme sind entstanden:

Du bist mein Afrika (D2007/79 Minuten) und  Meine ferne Familie (D2011/87 Minuten)

Der dritte über die Veränderung des Alltagslebens ist in Arbeit.

Du bist mein Afrika (D2007/79 Minuten)

Synopsis:

Afrika war für ihn seit Jahren vor allem Kapstadt, im Dezember 2003 traf er dort die Kenianerin Wangechi. Sie wurde zu seinem Afrika. Der Film „Du bist mein Afrika“ erzählt die Geschichte einer Liebe und einer Annäherung. Er will die Entwicklung eines persönlichen Abenteuers verfolgen, bei dem zwei Kulturen aufeinander treffen, die einander nur begrenzt zu verstehen scheinen und miteinander umgehen können. Wie geht ein deutsch-kenianisches Liebes- und Ehepaar mit Afrika und Europa um? Wie gehen Afrika und Europa mit ihnen um? Der Film versucht auf ganz persönlicher Ebene eine Antwort darauf zu geben. Der Film „Du bist mein Afrika. Eine schwarz-weiße Liebesgeschichte“ ist ein autobiographischer über den Dokumentarfilmer Helmut Schulzeck und seine kenianische Frau Wangechi Schulzeck. Helmut lebt in Kiel. Wangechi und Helmut heiraten im April 2006 während Wangechis zweiten Aufenthalts in Deutschland, nachdem sie dort schon 10 Monate zusammenleben. Bis dato weiß keiner aus Wangechis großer Familie in Kenia und in Kapstadt, dass sie mit einem „Muthungu“ (einem Weißen) verheiratet ist. Helmut hat gegen die traditionelle Regel verstoßen, beim Brautvater in Muhotetu Farmers in Kenia um die Hand seiner Zukünftigen anzuhalten und das Brautgeld zu bezahlen. Helmut war bis zu seiner Heirat mit einigen Unterbrechungen Jahrzehnte eingefleischter Single und lebte in finanziell eher bescheidenen Verhältnissen als Journalist und Dokumentarfilmer in Kiel. Wangechi (38) war verwitwet und hat vier Kinder, die in Kenia bei ihren Großeltern aufwachsen. Sie ist die älteste von elf Geschwistern und galt vor ihrer Heirat mit Helmut als Hauptstütze ihrer Familie, da sie als erfolgreiche Händlerin in Kapstadt nicht unerheblich zur finanziellen Unterstützung ihrer Geschwister beitragen konnte.

Der Film beobachtet im ersten Teil Wangechi in Deutschland. Sie ist beeindruckt, wird mit deutschen Vorurteilen über Kenia konfrontiert und muss natürlich feststellen, dass Deutschland nicht das erhoffte Paradies ist. Wangechi und Helmut reisen nach Kapstadt, wo Wangechi auf zwei ihrer Brüder trifft und für kurze Zeit wieder ihrer Leidenschaft als Händlerin auf dem Greenmarket Square frönen kann. Im dritten Teil, der zwei Drittel der Filmzeit einnimmt, beobachtet der Film den Besuch von Wangechi und Helmut bei Wangechis Eltern und ihren Geschwistern im kenianischen Hochland zur Weihnachts- und Neujahrszeit 2006/07. Helmut muss Wangechis Eltern beichten, dass Wangechi und er schon geraume Zeit verheiratet sind, und wird schließlich in den Clan der Gathechas aufgenommen. Ganz intim schildert der Film in Folge Eindrücke von einem kenianischen Familienleben auf dem Lande und wie Helmut mit den neuen Gegebenheiten zu Recht kommt. Dabei treffen unter anderem „kenianische Vorurteile“ über den „reichen Weißen“ mit Helmuts Überforderung mit dem Leben im Kenia zusammen. Immer wieder wird Helmut in Kenia mit dem Fremden konfrontiert. Das Andere des afrikanischen Lebens ist dort für ihn im Alltag auf Schritt und Tritt greifbar. Seinen „Kulturschock“ verarbeite er nur schlecht und stresst dabei auch Wangechi. Doch für sie bleibt Ihre Ehe ganz selbstverständlich, wenn sie sagt: „You are my husband.“

Festivals

  • (2008) 5. Hamburger Dokumentarfilmwoche, Hamburg
  • (2008) 50. Nordische Filmtage Lübeck, Lübeck
  • (2010) Beeld voor Beeld Amsterdam. Documentary Film Festival on Cultural Diversity, Amsterdam

 

 

Meine ferne Familie (D2011/87 Minuten)

Synopsis:

Der Film „Meine ferne Familie“ ist ein autobiographischer Film des Regisseurs Helmut Schulzeck über sein Verhältnis zu seinem kenianischen Schwiegervater, Papa Wangechi, und dessen Familie. Es geht dabei besonders um das gegenseitiges Verstehen trotz aller Fremdheit der Kulturen und ihrer Schwierigkeiten miteinander. Papa und seine Familie haben Wünsche und Ansprüche an Helmut. Der möchte dazu gehören. Der Film ist ein Dokument gegenseitiger Fremdheit, die trotz aller Sympathie und Neugierde nur begrenzt überwindbar scheint. In der Weihnachtszeit ist Helmut meist für einige Wochen in Kenia und besucht dort mit seiner Frau ihre Kinder, seinen Schwiegervater, Papa Wangechi und dessen Familie. Helmut hat seine Frau Wangechi vor einigen Jahren mit samt ihrer vier Kinder aus erster Ehe und ihrer großen kenianischen Familie geheiratet. Er hat das getan, ohne ihre Familie vorher zu fragen, was ich nach Stammessitte eigentlich nicht durfte. Wangechi und Helmut haben ihre Familie einfach vor vollendete Tatsache gestellt. Doch dass hat ein langes, Jahre dauerndes Nachspiel. Alles was Helmut als Bedingung für eine nicht eingeholte Heiratserlaubnis hätte leisten müssen, soll nun von ihm nachgeholt werden. Ihm wird das erst allmählich bewusst.

Trotzdem glaubt er, schon ein „Sohn“ von Papa zu sein und versucht, die anderen und die für ihn fremde Kultur zu verstehen, obwohl manchmal bei allem Bemühen das Befremden zwischen beiden Seiten eher zunimmt. Papa ist pensionierter Lehrer und wie viele Kikuyus auch noch Landwirt. Zwei seiner Söhne leben noch auf seiner Farm. Es sind die Zwillingsbrüder Paul und John. Auch sie spielen eine Rolle im Film. Paul hat Wünsche, auch an Helmut. John ist eher bescheiden und zufrieden mit seiner Existenz. Bei seinen Besuchen auf der Farm wird Helmut mit dem Alltag seiner afrikanischen Familie, ihren Freuden, Sorgen und Nöten konfrontiert. Er löchert sie nicht selten mit seinen Fragen, sie geben ihm Antworten, konfrontieren ihn, ihren neuen „Sohn“ bzw. „Bruder“, aber auch mit Wünschen und Vorurteilen. Zu seinem Schwiegervater hat sich dabei ein besonderes Verhältnis entwickelt, das von gegenseitigem Anspruch und Humor geprägt ist. Dabei macht Helmut immer wieder die Erfahrung, dass zwischen ihren Kulturen Welten liegen. Er sieht zwar den anderen und das andere, fragt nach, erhält Antworten, glaubt zu verstehen und hat doch des Öfteren wenig begriffen oder kann es nur schwer akzeptieren. Vielleicht ist ihm das nur bewusster als seinen afrikanischen Verwandten. Der Film dokumentiert auf seiner Entdeckungsreise in den ländlichen Kikuyu-Alltag dieses „soziale“ Ping-Pong-Spiel zwischen Helmut und seiner afrikanischen Familie, bei dem selbst seine Frau einen nur für ihn erstaunlichen Kontrapunkt setzt.
(Zwei Versionen verfügbar, mit deutschen und englischen Untertiteln.)

Festivals

  • (2011) Écrans Noirs (15ème édition), Yaoundé/Kamerun
  • (2011) 53. Nordische Filmtage Lübeck